Coachingbeispiel: Innere Antreiber
Frau Dr. Powerfrau (Name geändert) ist eine erfolgreiche und zugleich adrette Zahnärztin Anfang 40. Sie hat einen steilen Karriereweg hinter sich. Nach einem exzellenten Abitur schloss sie ihr Zahmedizinstudium mit einer Empfehlung ab. Danach begann sie in einer großen Zahnklinik ihre Karriere und stieg schnell in die Klinikleitung auf. Sie zeichnet Verantwortung für einen hohen Umsatzetat und ihr sind insgesamt fast 70 Mitarbeiter unterstellt. „Mein Job ist meine Leidenschaft“, beantwortet sie mir meine Frage nach ihrer Zufriedenheit im Beruf.
Der Auftrag an den Coach
„Offensichtlich läuft bei Ihnen ja alles bestens“, eröffne ich unser erstes Coaching, zu dem – so hatte sie es mir bereits beim telefonischen Vorgespräch vorgetragen – ihr Chef sie geschickt hatte. Was genau ist ihr Coaching-Anliegen? Laut einer Mitarbeiterzufriedenheitsumfrage genießt Frau Dr. Powerfrau bei ihren Kollegen und Kolleginnen keine große Beliebtheit. Man wirft ihre Ungeduld und Gefühlskälte vor und kritisiert, dass sie zu wenig Wertschätzung und Wohlwollen zum Ausdruck bringe. Daher lautet ihr Coaching-Auftrag: Wie gelingt mir ein besserer Führungsstil?
Nach einigen Rückfragen wird mir klar: Das von Ihr vorgetragene Anliegen wurde von ihrem Chef so formuliert. Frau Dr. Powerfrau will sich zwar um einen besseren Führungsstil bemühen, weiß aber selber nicht so genau, was sie falsch macht. Wir sprechen über Führungsgrundsätze und Beispiele aus ihrem Alltag. So beschreibt sie mir eine Situation, die sie mit folgendem Satz abschließt: “Wie soll ich denn jemanden, der sich so doof anstellt wie Frau Hauser, anders führen?“ „Das sind starke Worte,“ denke ich und entschließe mich, im Verlauf unseres Coachings den Grund ihres Verhaltens genauer zu beleuchten. Zunächst also zurück zu ihrem Coaching-Anliegen.
Wir versuchen an ihrer Definition eines guten Führungsstils zu arbeiten und kommen im Verlauf des Coachings dazu, dass sie stark unter der Ablehnung ihrer Kollegen leidet. Gleichzeitig ahnt sie, dass sie ihren Team-Erfolg so auf Dauer nicht halten kann und gibt ein wenig kleinlaut zu: „Ich glaube, ich muss höflicher mit meinen Leuten umgehen.“ Nach weiteren Rückfragen meinerseits modifizieren wir ihr Coaching-Anliegen so: Wie kann ich meinen Mitarbeitern mehr Wertschätzung entgegenbringen?Schritte zum Ziel
Schritte zum Ziel
Frau Dr. Powerfrau`s Chef hat ihr drei Coachingsitzungen genehmigt und ich bestärke Frau Dr. Powerfrau darin, dass ich es für machbar halte, in diesen Sitzungen einen guten Schritt voranzukommen auf dem Weg zu mehr Wertschätzung.
Um mir zunächst noch einen genaueren Eindruck von ihrem Führungsverhalten zu machen, bitte ich Frau Dr. Powerfrau, mir eine typische Konfliktsituation mit einem Mitarbeiter zu beschreiben. Auch hier höre ich wieder heraus, dass sie einen sehr harschen Umgangston ihren Teammitgliedern gegenüber pflegt. Deshalb arbeiten wir zunächst an ihrer Definition von Wertschätzung. An ihren schweren Atemzügen erkenne ich, wieviel Mühe es sie kostet, zahlreiche positive und wertschätzende Verhaltensmaßstäbe zu formulieren. Dabei quält sie sich besonders mit der Vorstellung, Kritik an einem Mitarbeiter dennoch mit Wohlwollen zu formulieren. „Wie soll das denn gehen? Wenn jemand Mist gebaut hat, muss ich ihn doch zur Belohnung nicht noch in Watte packen, oder?“ Daher gebe ich zu bedenken: „Frau Dr. Powerfrau, einen Menschen wertschätzend zu kritisieren, heißt ja nicht, dass sie das, was er gemacht hat, für Qualität halten. Könnte es nicht möglich sein, dass es hierbei vielmehr um Sie, um Ihre Einstellung diesem Menschen und dem Thema `Fehler` gegenüber geht?“ Wir versuchen gemeinsam konstruktive Kritik zu formulieren und im Laufe dieser Coachingsitzung erkennt Frau Dr. Powerfrau, wie wichtig Wertschätzung für die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter ist.
Durch verschiedene Methoden wie Rollenspiel und Wahrnehmungsübungen zum eigenen Verhalten erkennt Frau Dr. Powerfrau, wie schwer es ihr fällt, Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen.
Hinter ihrer vordergründigen Gefühlskälte verbirgt sich eine durchaus sensible Persönlichkeit, die mit nun deutlich leiserer Stimme vorträgt: „Manchmal finde ich mich genauso grauenvoll wie meinen Vater. Er hat uns früher so gedrillt, war so streng und ehrgeizig mit uns. Fehler wurden nicht toleriert. Wehe wir sahen nicht schnell genug ein, dass wir etwas hätten besser machen können.“ Da lag also eine Ursache für Frau Dr. Powerfraus Verhalten. Als ehrgeizige und erfolgreiche Vatertochter hatte sie die Wertemuster unbewusst übernommen.
Im Coaching kommen wir häufig mit unserer Kindheit und Jugend in Kontakt, nichts prägt uns mehr als elterliche Vorbilder. Mehr und mehr sinkt meine Klientin vor mir auf dem Stuhl zusammen. Ihre Stirn legt sich in Falten und auch ihre Haut wird fleckig – eine erschöpfte und verletzte Person.
Ich erkläre ihr Antreibermodelle und Glaubenssätze, die uns unsere Eltern mit auf den Weg geben.
Bekannte innere Antreiber sind z.B.:
- Du mußt stark sein!
- Du mußt schnell sein!
- Sei perfekt!
- Streng Dich an, man kann es immer noch besser machen!
- Mach es allen Recht!
Im Fall von Frau Dr. Powerfrau treffen wir auf die besonders erschöpfende Kombination von „Sei stark!“ und „Streng Dich an!“. Ich mache sie auf die starke Dynamik dieser Antreiberkombination aufmerksam und bitte sie, für die nächste Sitzung einmal vorzubereiten, auf welchen der Antreiber sie am liebsten verzichten würde.
In unsere zweite Sitzung kommt Frau Dr. Powerfrau etwas enttäuscht: “Ehrlich gesagt wollte ich mit Ihnen über Führungsstil reden, mich aber nicht in meinen alten Geschichten wiederfinden. Mit meinem Vater habe ich längst abgeschlossen.“ „Allerdings muß ich zugeben, daß dies emotional wohl noch nicht so ganz gelöst ist.“ „Können Sie sich vorstellen, ein wenig Tempo aus Ihrem Leben herauszunehmen? Was glauben Sie, würden Ihre Mitarbeiter davon halten? Und Ihr Chef?“, frage ich. Mit solchen zirkulären Fragen erreicht ein Coach eine Öffnung des Klienten. Indem man durch Fragen das ganze System um den Coachee mit einbezieht, weitet man häufig den Blick und löst eine umfassendere Reflektion aus, die nicht mehr so sehr auf ihn selbst fokussiert ist.
Die Einsicht
Auch wenn sie sich selbst noch nicht so wirklich damit anfreunden kann, erkennt sie: „Naja, ich glaube, meinen Leuten ginge es zumindest besser damit. Und das ist ja auch nicht unwichtig. Denn ich kann es mir auf keinen Fall erlauben, dass ihnen die Motivation wegbricht.“
Mit der Methode clapsync aus dem emotionsync® Konzept von Dr. C. Hanisch konnten wir dann auf Wunsch der Klientin die negative Wirkung der Antreiber auflösen und durch positive Glaubenssätze ersetzen. Unsere Sitzung verließ Frau Dr. Powerfrau mit dem Vorsatz, besser auf ihre Wertschätzung nicht nur gegenüber ihren Mitarbeitern, sondern auch gegenüber sich selbst zu achten. Wertschätzung und Wohlwollen sind die zwei Karteikarten, die sie sich als Motto aus unserem Coaching mitnimmt. Sie hat erkannt, dass sie diese Eigenschaften dauerhaft eher zum Erfolg im Umgang mit ihren Mitarbeitern bringen als Unmut und Ungeduld. Sie wirkt erleichtert und erkennt, dass ihr Perfektionismus gepaart mit ihrem hohen Drang, stets alles zu geben und weder Anstrengung noch Mühe zu scheuen, auf Dauer kein Erfolgsgeheimnis sein kann. Es brennt sie nur mehr und mehr aus und bringt sie Richtung burn-out.
Der Erfolg
Die für 3 Monate später geplante dritte Sitzung brauchte Frau Dr. Powerfrau nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Die übertriebene Wirkung ihrer inneren Antreiber hat merklich nachgelassen. Aus dem ehemaligen „du musst“ ist jetzt ein „ich darf, wenn es darauf ankommt…“ geworden. Das Verhältnis zu den Mitarbeitern ist deutlich besser geworden.
Anm: In Anlehnung an einen authentischen Fall.
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